Eine von 1685

Budapest / Zürich 2010

analoge Fotografie

Nagyi Klari lebte bis zum Mai 1944 in der Soltan Utca Nr. 8 in Budapest. Im Juni 1944 saß sie als eine von 1685 Personen im Kasztner-Transport. Dieser führte allerdings nicht wie versprochen nach Spanien, sondern nach Bergen-Belsen. Von dort aus wurde Nagyi Klari zusammen mit den überlebenden 1670 Personen des Kasztner-Transports noch vor der Befreiung von Bergen-Belsen in die Schweiz überführt. Ihr Mann, der bereits zu einem früheren Zeitpunkt verschleppt worden war, kehrte nie zurück. Ihre Mutter, ihre Großmutter, sowie weitere, ihr nahe stehende Familienangehörige wurden aus Ungarn deportiert und in Auschwitz und Ravensbrück ermordet.

Nagyi Klari verliess die Schweiz ihr Leben lang nicht mehr und schweigt seit 1945 über das Geschehene. In den letzten Jahren jedoch flossen vermehrt Spuren von Erinnerungen aus der Vorkriegszeit in alltägliche Gespräche ein. Erinnerungen an die Zeit, in der sie glücklich und verliebt mit ihrem Mann durch die Strassen Budapest's flanierte. Diese mündlich überlieferten Erinnerungen wurden zur Grundlage einer Reise, die in die Soltan Utca Nr. 8 nach Budapest führte. Den vor Ort angesprochenen älteren Passanten wurden die erzählten Erinnerungsbruchstücke weitergegeben und sie wurden anschließend gebeten, per Foto und mit einem schriftlichen Gruß Kontakt zu Nagyi Klari aufzunehmen. In dieser Situation entstanden emotionsgeladene Momente, in denen die Befragten begannen, ihre eigenen Lebensgeschichten, sowie die von ehemals in der Nachbarschaft lebenden Personen zu erzählen. Es flossen Tränen, aber es wurde auch herzlich gelacht. Zu Chanukka erhielt Nagyi Klari ein Fotoalbum mit allen Grüßen aus der Soltan Utca und die Teilnehmenden erhielten im Gegenzug ein Foto von Nagyi Klari zugeschickt.
Ein Eintausendsechshundertfünfundachtzigstel gibt die Lebensgeschichte einer Person, die Teil einer Gruppe von 1685 Personen war, wieder und erzählt sie weiter. Erinnerungsfragmente der ersten Generation werden an die dritte Generation mündlich weitergegeben und kehren zur ersten Generation, in Form einer am Ort der Erinnerung entstandenen Botschaft, zurück.
Zu den in Budapest entstandenen Fotos ist über Kopfhörer zu hören, wie Nagyi Klari ihr Geschenk aus der Soltan Utca zu Chanukka öffnet. Sie liest die an sie gerichteten Nachrichten laut vor und kommentiert sie.