84,4

Bremen, 2008

84,4 ist die Kilometerzahl von Elianna Renner's Haustür in Bremen bis zur Pforte der Gedenkstätte Bergen-Belsen. Bei der Performance 84,4 handelt es sich um die Auseinandersetzung mit untereinander verstrickten Erinnerungssträngen, die von Zürich über Bergen-Belsen nach Bremen führen. In einem dunklen Raum ist eine Person zu sehen, die inmitten von Pullovern sitzend im Schein einer an ihrer Stirn befestigten Lichtquelle Wollpullover auftrennt. Einerseits findet durch das Auftrennen der Pullover eine persönliche Auseinandersetzung mit der verstrickten Materie statt, andererseits wird das Material durch sein Vorkommen in großer Stückzahl anonymisiert. Nur durch die Dekonstruktion der einzelnen Maschen gelangt es in’s Rampenlicht, während die Länge der aufgetrennten Fasern gleichzeitig die reale Entfernung 84,4 Kilometer symbolisiert.

Über die im Raum bereit liegenden Kopfhörer sind autobiographische Geschichten zu hören, die durchlaufend erzählt werden. Dies hat zur Folge, dass die Zuhörenden an einer zufälligen Stelle in die Erzählung hineinkommen und der Erzählerin an einem beliebigen Ort in ihrer Geschichte begegnen. Im abgedunkelten Raum richtet sich der Blick unwillkürlich auf die Person mit der Lichtquelle, die inmitten der Pullover sitzt und ihrer Tätigkeit nachgeht. Die dabei freigelegten Wollfäden bilden das Rohmaterial, das zu neuen Strukturen verwoben werden kann. So entstehen zwei parallele Bildebenen: für den Anwesenden ohne Kopfhörer ensteht ein symbolisch aufgeladenes, aber geheimnisvolles Bild - für die der Audio-Spur folgenden Anwesenden bietet die Vertonung des Bildes die Möglichkeit einer Auflösung.