Mnemotaxi

2019 Skulptur

Esel nehmen in Mythologie, Symbolik und in Märchen eine besondere Stellung ein und werden in vielen Kulturen der Welt verehrt, allerdings auch als wichtige Nutztiere verwendet.
Die Reitfigur wurde 2006 von Renner vor der Mülldeponie gerettet und seit 2012 mit verschiedenen Stickereien oder Häkeleien verziert. 2016 entdeckte Renner bei einem Familienbesuch durch Zufall eine Fotografie von sich als etwa Fünfjährige neben einem Esel in Mijas/Andalusien, wo die Esel als „Burro-Taxis“ eingesetzt und mit Kopf- und Körperschmuck versehen werden. Bei der Arbeit geht es der Künstlerin zunächst um die vergessene Erinnerung an dieses Kindheitserlebnis, das sie dazu bewog, zu einem anderen Zeitpunkt in ihrem Leben einen Esel zu besticken. Daher der Titel Mnemotaxis aus dem Griechischen, der (räumliche) Orientierung nach der Erinnerung bedeutet. Für Renner werden so auch die Burro-Taxis wortspielerisch wieder aufgenommen.
Es handelt sich bei diesem Objekt aber nicht nur um ein Erinnerungsprodukt, sondern auch auf eine Anspielung auf kulturelle Aneignung. Die Arbeit dient als Ansammlung von Glücksbringern und Schutzamuletten, die an vertraute Symbole erinnern und in vielen Kulturen wiederzufinden sind. Zum Teil sind sie von der Künstlerin auch frei erfunden wie die Blume auf dem Rücken des Esels, die genau genommen die Anatomie der weiblichen Milchdrüse darstellt. Unter dem silbernen Glitzerschwanz späht aus einer vaginal geformten Rosette ein goldenes Stück Kot hervor, was sich vordergründig auf den Goldesel aus Grimms Märchen bezieht, im übertragenden Sinne aber auch auf die gewinnbringende (touristische) Vermarktung von Kultur und Tieren Bezug nimmt.

Nicole Giese

Fotos: Franziska von den Driesch